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Josephine und Ludwig

Ludwig van Beethoven. 2020 wäre sein 250. Geburtstag - seine Geburtsstadt Bonn steht bereits in den Startlöchern („Bonn gets ready“). Da ich mich daran versuche, ein Klavierstück für eine der zahlreichen Jubiläumsaktivitäten zu schreiben, höre ich mich durch sein Werk quer. Und stosse auf Trouvaillen nicht nur musikalischer Art. 

 

Zum Beispiel diese: Beethoven ist nicht unantastbar! Leonard Bernstein erzählt einem Kollegen von dessen mangelhafter Orchestration, den plumpen Akkordfolgen, und der Tatsache, dass er keine einzige gute Fuge geschrieben habe. Natürlich geht es dann trotzdem um die Anerkennung eines Genies - denn „it’s all about the form!“

Thomas Goss, Macher von unscharfen Videos und scharfen Beobachtungen rund ums Thema Orchestration, nimmt dazu Stellung, und entwaffnet dann keinen von beiden.

Und die beste von allen (bis heute) - die Geschichte von Josephine Brunsvik. Beethoven verliebte sich unsterblich in die junge Klavierschülerin, so sehr, dass er statt einer vereinbarten Stunde oft vier bis fünf blieb. Ganz platonisch, aber Beethoven gestand ihr sechs Jahre später, er habe seine Liebe zu ihr „unterdrücken müssen“. 

 

Vierzehn Liebesbriefe von ihm an sie sind erhalten, darunter der berühmte Brief an die „Unsterbliche Geliebte“, den Beethoven nicht abschickte und nicht adressierte, und der Musikwissenschaftlern dadurch gehörig detektivische Fähigkeiten abverlangte. Die Liebe war gegenseitig. „Mein Herz haben Sie schon längst“, schrieb Josephine 1805, und Beethovens Anbetung zieht sich nach neuester Überzeugung durch sein ganzes Werk, zum Beispiel im zweiten Satz der Waldsteinsonate, dessen Anfangsmotiv ihren Namen skandiert (Jo-se-phi-ne - klingt plausibel!). 

 

Josephine, im Spektrum zwischen femme fatale und leidender Mutter überliefert, konnte Beethoven trotz seines leidenschaftlichen Drängens nicht heiraten, ohne ihren Adelsstatus und die Vormundschaft über ihre Kinder aus erster Ehe zu verlieren. Eine ihrer Töchter aus der zweiten, gesellschaftlich akzeptierten Ehe erhielt aber dann geheimnisvollerweise den Namen Minona. Das liest sich rückwärts „anonim“ und ist insofern interessant, als Minona neun Monate nach einem Besuch Beethovens zur Welt kam. 

 

Josephine blieb für Ludwig eine Lichtgestalt. Es wird vermutet, dass er ihr regelmässig Geld schickte, als sie krank wurde und im Sterben lag, obwohl sie ihn schon länger nicht mehr hatte sehen wollen. „Sie waren füreinander geboren“, schrieb ihre Schwester Therese, die überzeugt war, dass sowohl Josephine als auch ihr „Haus- und Herzensfreund“ länger gelebt hätten, wenn sie sich "vereint" hätten.